Mankundu, die kleine Stadt, in der ich nun schon seit anderthalb Monaten wohne – ja so lange schon, ich kann es auch kaum glauben – ist wirklich ein Ort für sich und ich fühle mich hier zunehmend wohl, besonders, wenn ich mal wieder von einem auslaugenden Ausflug aus Kalkutta wiederkomme (diese Stadt, mit all ihrem Chaos ist durchaus einen eigenen Eintrag wert), aus dem Zug steige die frische Luft einatme und die Ruhe spüre. Mankundu ist geschäftig, lebhaft, aber nie überfüllt, die Menschen sind neugierig und hilfsbereit, aber meist nicht aufdringlich.
Von unserem Haus, sind es ungefähr anderthalb Minuten zu Familie Surs Haus, zwei Fahrradminuten bis zur Hauptstraße und 7 bis 12 Minuten zu Fuß zum Bahnhof, je nach dem ob man den Umweg über den Ticketschalter nimmt oder nicht. In Mankundu kann man alles kaufen, was man so im Alltag braucht. Und zwar alles in jedem Geschäft. Es gibt geschätzt immer 10 Geschäfte, die genau das gleich anbieten, alles in einer Straße, alles in einem Ort mit 15.000 Einwohnern.
Neben den vollgestopften Lädchen, die bei Chips und Keksen angefangen, über Zahnbürsten, Handykarten und allem, was man so zum täglichen Leben braucht, gibt es einen Fleischverkäufer (Ziege), 2 Hühnerverkäufer, einen Fischverkäufer und jede Menge Obststände, die zwar immer am gleichen Ort aber trotzdem scheinbar improvisiert auf dem Boden oder einem Wagen, ohne festes Geschäft ihre Waren verkaufen. Beim Fischeinkauf hat sich mir schon öfter der Magen umgedreht, macht euch euer eigenes Bild.
Beim Hähnchenfleisch kann man aber ganz und gar nicht meckern, zumindest was die Frische angeht, das Tier wird erst dann geschlachtet, wenn Du dich entschieden hast es zu kaufen, auch kein netter Anblick und selbst wenn man nicht hinschaut, läuft einem ein Schauer den Rücken herunter, wenn man das Knacken des Halses hört.
Außerdem gibt es Zeitschriftenhändler, Bürobedarfsgeschäfte, einen Goldschmuckverkäufer, zwei Internetcafés, gefühlte hundert Süßigkeitengeschäfte, die die schon mal erwähnten Zuckersirupgetränkten Süßigkeiten in Massen verkaufen, Schmuck- und Handtaschengeschäfte, Reisläden und Mehlmalereien, sowie jede Menge Läden, denen man von außen genauso wenig wie von innen ansehen kann, was sie verkaufen und natürlich kann man überall den wohltuenden, süßen Chai kaufen.
Es gibt einen Bahnhof, ungefähr jede halbe Stunde fährt ein Zug nach Howrah, dem Hauptbahnhof von Kalkutta, ab und ebenso oft Züge in die andere Richtung. Neben dem Bahnhof warten auch die meisten Rikschafahrer auf ihre Kunden um sie für ein paar Rupie zu ihrem Ziel zu bringen und ab und zu sieht man auch mal ein Auto vorbeiflitzen, Auto, so heißen hier die winzigen, klapprigen Fahruntersätze, die so aussehen, als würden höchstens 3 Menschen hineinpassen. Während einer Fahrt habe ich immer wieder fassungslos nachgezählt – wir waren zu acht.
Ich fühle mich wirklich wohl hier, in diesem quirligen Ort, mir geht es gut, bis auf das ich seit ungefähr zwei Wochen immer wieder krank bin, aber auch das gehört dazu. Das Wetter hat sich stark verändert in den letzten Tagen und es war zwischendurch richtig kalt, ja ich habe gefroren und habe mich sehr über meine dicken Pullis gefreut, über die ich vor zwei Wochen noch gelacht habe. In der Zeitung steht, 10°C unter dem normalen Wert in dieser Jahreszeit.
Richard und ich sind grade dabei uns einen Überblick über die zahllosen kleinen Unterprojekte von Human Wave zu verschaffen und werden am Montag beginnen, alle Projekte zu besuchen und kennenzulernen, da es in Zukunft unsere Aufgabe sein wird, neben unserer Lehreraktivität, die Monatsberichte der einzelnen Projekte zusammenzutragen und deren Verfassung anzuregen, sowie durch Fotos, unsere Besuche, regelmäßige Meetings mit den Zuständigen und ebendiese Berichte, die einzelnen Projekte zu erfassen.
Ich denke an euch, eure Mankundubewohnerin, Kiera