Mittwoch, 3. November 2010

kleiner Spaziergang durch Mankundu


Mankundu, die kleine Stadt, in der ich nun schon seit anderthalb Monaten wohne – ja so lange schon, ich kann es auch kaum glauben – ist wirklich ein Ort für sich und ich fühle mich hier zunehmend wohl, besonders, wenn ich mal wieder von einem auslaugenden Ausflug aus Kalkutta wiederkomme (diese Stadt, mit all ihrem Chaos ist durchaus einen eigenen Eintrag wert), aus dem Zug steige die frische Luft einatme und die Ruhe spüre. Mankundu ist geschäftig, lebhaft, aber nie überfüllt, die Menschen sind neugierig und hilfsbereit, aber meist nicht aufdringlich.


Von unserem Haus, sind es ungefähr anderthalb Minuten zu Familie Surs Haus, zwei Fahrradminuten bis zur Hauptstraße und 7 bis 12 Minuten zu Fuß zum Bahnhof, je nach dem ob man den Umweg über den Ticketschalter nimmt oder nicht. In Mankundu kann man alles kaufen, was man so im Alltag braucht. Und zwar alles in jedem Geschäft. Es gibt geschätzt immer 10 Geschäfte, die genau das gleich anbieten, alles in einer Straße, alles in einem Ort mit 15.000 Einwohnern. 


Neben den vollgestopften Lädchen, die bei Chips und Keksen angefangen, über Zahnbürsten, Handykarten und allem, was man so zum täglichen Leben braucht, gibt es einen Fleischverkäufer (Ziege), 2 Hühnerverkäufer, einen Fischverkäufer und jede Menge Obststände, die zwar immer am gleichen Ort aber trotzdem scheinbar improvisiert auf dem Boden oder einem Wagen, ohne festes Geschäft ihre Waren verkaufen. Beim Fischeinkauf hat sich mir schon öfter der Magen umgedreht, macht euch euer eigenes Bild. 

Beim Hähnchenfleisch kann man aber ganz und gar nicht meckern, zumindest  was die Frische angeht, das Tier wird erst dann geschlachtet, wenn Du dich entschieden hast es zu kaufen, auch kein netter Anblick und selbst wenn man nicht hinschaut, läuft einem ein Schauer den Rücken herunter, wenn man das Knacken des Halses hört. 

Außerdem gibt es Zeitschriftenhändler, Bürobedarfsgeschäfte, einen Goldschmuckverkäufer, zwei Internetcafés, gefühlte hundert Süßigkeitengeschäfte, die die schon mal erwähnten Zuckersirupgetränkten Süßigkeiten in Massen verkaufen, Schmuck- und Handtaschengeschäfte, Reisläden und Mehlmalereien, sowie jede Menge Läden, denen man von außen genauso wenig wie von innen ansehen kann, was sie verkaufen und natürlich kann man überall den wohltuenden, süßen Chai kaufen.




Es gibt einen Bahnhof, ungefähr jede halbe Stunde fährt ein Zug nach Howrah, dem Hauptbahnhof von Kalkutta, ab und ebenso oft Züge in die andere Richtung. Neben dem Bahnhof warten auch die meisten Rikschafahrer auf ihre Kunden um sie für ein paar Rupie zu ihrem Ziel zu bringen und ab und zu sieht man auch mal ein Auto vorbeiflitzen, Auto, so heißen hier die winzigen, klapprigen Fahruntersätze, die so aussehen, als würden höchstens 3 Menschen hineinpassen. Während einer Fahrt habe ich immer wieder fassungslos nachgezählt – wir waren zu acht.


Ich fühle mich wirklich wohl hier, in diesem quirligen Ort, mir geht es gut, bis auf das ich seit ungefähr zwei Wochen immer wieder krank bin, aber auch das gehört dazu. Das Wetter hat sich stark verändert in den letzten Tagen und es war zwischendurch richtig kalt, ja ich habe gefroren und habe mich sehr über meine dicken Pullis gefreut, über die ich vor zwei Wochen noch gelacht habe. In der Zeitung steht, 10°C unter dem normalen Wert in dieser Jahreszeit.

 Richard und ich sind grade dabei uns einen Überblick über die zahllosen kleinen Unterprojekte von Human Wave zu verschaffen und werden am Montag beginnen, alle Projekte zu besuchen und kennenzulernen, da es in Zukunft unsere Aufgabe sein wird, neben unserer Lehreraktivität, die Monatsberichte der einzelnen Projekte zusammenzutragen und deren Verfassung anzuregen, sowie durch Fotos, unsere Besuche, regelmäßige Meetings mit den Zuständigen und ebendiese Berichte, die einzelnen Projekte zu erfassen.

Ich denke an euch, eure Mankundubewohnerin, Kiera

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Durga Puja

So da ist er, der zweite Eintrag aus dem Land, 10 130Km von Zuhause entfernt. Seit genau einem Monat bin ich nun hier. Routine ist trotzdem keineswegs eingekehrt, zur Zeit haben wir Ferien, eigentlich Feiertage (65 gibt es in Indien davon!! In Hessen sind es dieses Jahr 10)- Durga Puja Ferien. Durga Puja, das ist das  hochgelobte, recht eindrucksvolle Fest, das, wie ich nun schon öfter gehört habe, mit unserem Weihnachten verglichen werden kann und am grössten und eindrucksvollsten in Kalkutta gefeiert wird. Nein, es gibt keine Schokoweihnachtsmänner, keine geschmückten Weihnachtsbäume, dafür jede Menge Lichter an anderen Bäumen, geschmückte Straßen, strahlende, feiernde, tanzende, aufgeregte Menschen. Auch Geschenke, meist aber nur in Form von Kleidung, werden freudig verteilt und es gibt jede Menge, in Zuckersirup getränkte, klebrige Süßigkeiten. Sehr zu empfehlen. Aber das wichtigste bei dieser Puja sind die eindrucksvollen, detailreichen Statuen, die immer wieder die gleichen Götter zeigen. In der Mitte Durga, die Göttin der Vollkommenheit, der Kraft, des Wissens, des Handelns und der Weisheit, um sie herum, ihr helfend, die unten abgebildeten Dämonen zu besiegen, ihre vier Kinder. Diese wundervollen Gebilde, werden in riesigen Tempeln präsentiert, die auch nur für die Zeit der Puja aufgebaut werden. Jeder Ortsteil baut sein eigenes Pandal auf, an dem dann 4 Tage lang gebetet, geopfert, Musik gemacht, gegessen und gespielt wird. Das eigentliche Fest streckt sich über 5 Tage, wobei der 5. der Tag ist, auf den alle hinfiebern. Der Tag an dem die liebevoll und in, schätzungsweise wochen- oder sogar monatelanger Arbeit errichteten, Götterstatuen von jungen Männern, unter den Blicken von hunderten Menschen, wilden Trommelklängen und Tänzen, in den heiligen Ganges geworfen werden. Zwei mal waren wir in Kalkutta um die Pandals zu besichtigen, einmal bei Nacht. Bisher habe ich Kalkutta immer nur als laut und nervraubend empfunden, doch an diesem einen Abend, war Kalkutta wie verwandelt, Pandal reihte sich an Pandal, die Leute waren fröhlich, die Straßen voll, ich habe die sonst vorhandene Aggressivität nirgends gesehen, was natürlich auch daran liegen kann, dass mich die ganzen Lichter so in ihren Bann gezogen - verzaubert haben, aber ich glaube es war Durga.
Kalkutta











Mankundu - Umzug zum Ganges





 kurz vorm Bad im Ganges


Am letzten Schultag, als ich morgens in Lalkuthi ankam, saß Gopal, einer meiner Schüler, vor seiner Hütte, sein Fuß war verbunden und er konnte nicht laufen. Nach langem Hin und Her (es war noch niemand zum Übersetzen da) erfuhr ich, dass er, beim Drachen steigen lassen in eine zerbrochene Flasche getreten war. Die Wunde war mit dreckigem, blutigem Verband bedeckt.. Als ich Gopal bat, den Verband amzunehmen, sah ich den tiefen Schnitt, der immernoch offen stand. Nachdem ich die Wunde mit Hilfe der Mutter und dem First-Aid-Kit der Schule behandelt und verbunden hatte, wurde mir unglaublich schwindlig und schlecht und nachdem ich eine halbe Stunde auf dem Boden der Schule gelegen hatte fuhr ich heim. 2 Tage später kam ich mit Tapas zurück, ich wollte, dass ein Arzt sich die Wunde anschaute, als wir ankamen erfuhren wir, dass schon bevor ich 2 Tage vorher die Wunde behandelt hatte, ein Arzt Gopal bahandelt hatte (ich hatte nur den dreckigen, schlecht gebundenen Verband im Kopf). Wir fuhren dann mit Gopal zu dritt auf Tapas Motorrad ins Hospital in Chandannagar. Im Krankenhaus, eine Einrichtung, die mir wirklich Angst gemacht hat, (alles war dreckig, bei den Behandlungen gab es immer etliche Zuschauer) wurde gesagt, dass es zu spät sei die Wunde zu nähen, es gab Medizin, mir wurde der Arzt vorgestellt, der immer die Medicalcamps von Human Wave leitet und wir fuhren zurück nach Mankundu, ich brachte Gopal mit dem Zug zurück nach Lalkuthi, die nächsten 3 Tage fuhren Richard und ich jeden Morgen in die Slums um Gopals Wunde neu zu verbinden und ihm einzutrichtern, dass er nicht herum rennen sollte, er hat sich nie dran gehalten, was ich sehr gut verstehen kann. In den kleinen Hütten, haben die Kinder keine Beschäftigungsmöglichkeit und ihr einziger Zeitvertreib besteht darin, draußen auf dem Bahnsteig herumzutollen. Am 2. Tag brachte eine Mutter ihr Kind zu uns, damit wir es ebenfalls verarzteten, wir taten unser Bestes um den Zeh mit dem abgerissenen Zehennagel zu säubern und zu verbinden. Gopals Laune und auch der Schnitt wurden von Tag zu Tag besser und so brauchten wir nach 3 neuen Verbänden und jeder Menge Detol nicht mehr nach Lalkuthi zu fahren.




Ich möchte noch kurz etwas über Mankundu erzählen, meine kleine neue Stadt kurz vorstellen. Es leben ungefähr 1500 Menschen hier, mittlerweile kennen uns die meisten und ich fühle mich wirklich wohl, da man nicht mehr ständig angestarrt sondern einfach freundlich begrüßt wird. Es gibt viele kleine Lädchen, eine Bahnstation und eigentlich bekommt man alles, was man braucht - und nicht braucht. Direkt angrenzend an Mankundu, getrennt durch eine kleinen Hügel, wegen dem die Rikschafahrer immer absteigen und schieben und ziehen müssen, liegt Chandannagar, diese Stadt hat ungefähr 160 000 Einwohner (Darmstadt lässt grüßen) und es gibt ein paar “richtige“ Geschäfte und sogar einen Supermarkt, ein Kino (nur bengalisprachige Filme – ich war trotzdem schon mal dort, mit Mimi als Übersetzerin), Busse und jede Menge Menschen, die uns nicht kennen und daher wieder ziemlich erstaunt über unsere Anwesenheit sind und dies mit unverhohlenen Blicken und was ihnen noch so in den Sinn kommt, die ganze Zeit, äußern.


Liebste Grüße, genießt den ersten Schnee und schickt ein bisschen was davon rüber, hier ist es immer noch unglaublich heiß.

Nomoskaar, eure Kiera

Dienstag, 5. Oktober 2010

Fotos der ersten Tage

   
Blick von der Terasse

mein Zimmer und Bett






Mimi und ich

Tunka und ich



Tapas

Rathna